manus, -us f. – „die Hand“

Ein unter klassischen Philologinnen und Philologen wohlbekanntes Handwörterbuch, der GEORGES, erschließt auf etwa 2.600 Seiten den großen Reichtum der lateinischen Sprache mit mehr als 54.000 Hauptstichwörtern. Schlägt man die Seite 1.500 auf, fällt der Blick unweigerlich auf das Lemma manus, -us f., dessen Bedeutungsvarianten und Belegstellen ganze eineinhalb Seiten einnehmen. Den gesamten Apparat darzubieten, würde wohl den Rahmen sprengen, doch sei ein Überblick über die Bedeutungsvarianten dieses Nomens geboten:

  • die Hand
  • die Faust
  • Handarbeit
  • Macht, Gewalt
  • Handgemenge, Tätlichkeit
  • Handschrift
  • Handgriff
  • Hieb, Stich, Stoß
  • im übertragenen Sinne der Rüssel des Elefanten
  • die Zweige der Bäume
  • die Schar

Hier wird schon klar: Allein schon sprachlich ist manus ein Nomen mit großer Wirkkraft und einem faszinierenden Facettenreichtum – biologisch, kulturell und sprachlich. Sich nun mit einem einzigen Wort in dieser Breite auseinanderzusetzen, lässt der Regelunterricht in der Schule eigentlich kaum zu. Gerade deshalb erschien es den Lateinlehrerinnen und -lehrern unserer Schule reizvoll, die Dauerausstellung „Hände: Werkzeuge der Gefühle“ in der Salzburger Berchtoldvilla um eine sprachliche, literarische, wissenschaftliche Facette zu bereichern.

Wurden allfällige organisatorische Vorarbeiten auf Seiten der Lehrpersonen bereits seit Juni 2023 vorgenommen, fiel für 104 Schülerinnen und Schüler beinahe der gesamten Oberstufe am Montag, 11. Dezember 2023, der Startschuss für das Lateinprojekt. Den Ausgangspunkt bildete dabei ein Impuls- bzw. Interpretationstext von niemand Geringerem als Marcus Tullius Cicero (De natura deorum 2, 150), der um die Bedeutung der Hände für die menschliche Zivilisation wusste. Sodann ging die praktische Arbeit in sechs klassen- und jahrgangsübergreifenden, lustvollen, kurzweiligen und kreativen Workshops mit ganz verschiedenartiger Schwerpunktsetzung – um auch dem Bedeutungsreichtum des lateinischen Nomens, in dessen Zeichen dieses Projekts stand, Rechnung zu tragen – los: Die Schüler:innen setzten sich sprachlich und literarisch mit diesem Nomen auseinander, durchleuchteten die Anatomie der Hände und beschäftigten sich im Zuge dessen mit der lateinischen Sprache als Sprache der Wissenschaft, lernten – ausgehend von lateinischen Textstellen – die manus- sowie die manus-freie Ehe kennen, beflügelten sich zu kreativen Meisterleistungen und bewiesen beim Brotbacken echtes Geschick. Hier wurde Handarbeit im besten Sinn geleistet.

Die Erzeugnisse dieses Projekttages – mitunter Embleme, verfasste Texte, Übersetzungen, Abdrücke, Hörspiele und Videos – wurden am Dienstag, 6. Februar 2024, im Rahmen eines ganz besonderen Abends in der Salzburger Berchtoldvilla unseren Schülerinnen und Schülern, Kolleginnen und Kollegen und allen Interessierten vorgestellt. Der Stolz und die Freude über die vielen qualitätvollen und kreativen Beiträge bei allen, die an diesem Projekt beteiligt waren, waren genauso groß wie das Staunen bei all jenen, die die Projektergebnisse erstmalig zu Gesicht bekamen.

Dieses Projekt zeigt, dass die Klassischen Sprachen einen wesentlichen Beitrag zur Geistes-, Kultur- Wesensbildung unserer Schülerinnen und Schüler leisten, die Lernenden zur Vernetzung unterschiedlicher Kompetenzen anregen und damit zurecht einen festen Platz im Fächerkanon der Allgemeinbildenden Höheren Schulen verdienen.

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